25. April 2014

DENKBILDER Regula Stämpfli über die Bilderflut und „ratternde Algorithmen“

-das Bild wurde aufgenommen von Arno Balzarini

Ecce Homo im Bündnerland

Denkbild 15

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Schon längst wollte ich mal ein Büchlein mit folgenden Kapitelüberschriften verfassen: „Warum ich so weise bin“, gefolgt von „Warum ich so klug bin“ und „Warum ich so gute Bücher schreibe“. Leider gibt es das schon und heisst Ecce Homo – wie man wird, was man ist und stammt vom Philosophen Friedrich Nietzsche. „Ich habe nie nachgedacht über Fragen, die keine sind“  – erklärt der Bergfan Nietzsche seine Klugheit. „Sind Ihre Locken echt?“ fragte mich

 

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letzte Woche eine perfekt gestylte, extradünne Blondine mit Engelsgesicht. Nach Tagen einsamer Schreibklausur war ich in krawalliger Stimmung und meinte trocken: „Definieren Sie mir echt.“ Das Engelsgesicht wandelte sich zum Frettchen und schnappte pikiert: „Wie? Ob Sie ne Dauerwelle haben zum Beispiel, die Locken mit Stab oder Wickeln eingelegen.“ „Geht doch“, entgegnete ich mit rauchiger Stimme „und gerade weil Sie die Techniken weiblicher Haarkunst offenbar beherrschen, sollten Sie wissen“, dass in der Postmoderne die Grenze zwischen „echt“ und „gemacht“

 

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fliessend geworden ist. Wenn unbemannte Drohen Krieg führen können, ist – nach Ihren Worten – die Drohne zwar „unecht“, doch die Toten, welche sie produziert, nicht. Wenn gleichzeitig den Maschinen in der Robotik aber immer mehr Gefühle gegeben werden, um die Kommunikation Mensch und Maschine zu verbessern, bleibt abzuwarten, wann die erste Drohne aus moralischen Gründen Befehlsverweigerung begeht. Und ja: Meine Locken sind echt. Schliesslich habe ich sie selber gedreht.“

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