20. Juni 2014

DENKBILDER Regula Stämpfli über die Bilderflut und „ratternde Algorithmen“

-das Bild wurde aufgenommen von Yanik Bürkli

 

Das Denken ist für Männer Geschlechtssache

Denkbild 18

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D

Die Verästelungen des heutigen Denkbildes symbolisieren die Synapsen im Gehirn. Wild, quer, nur scheinbar zufällig, Harmonie in Chaos bildend, vielfältig. Würde das Denkbild den geistigen Zustand vom SRF Hoftalker Schawinski während dessen Interview mit dem Hofdemoskopen desselben Hauses zeigen, so wäre nur eine einzige Linie von links nach rechts zu sehen.  Keine einzige (!) kritische Nachfrage. In der kumpel- haften Atmosphäre ungebrochener Männerfreundschaft (Schawinski trug sogar eine Fliege…) offenbart sich ein Nichts an statistischen Banalitäten. Das also ist zeitgenössischer, kritischer Journalismus, denk ich mir und ein

 

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paar Tage später ist Frank Schirrmacher tot. Die Elogien auf dessen Esprit sind hymnisch und klingen wie das Wehklagen über Achilles´ Hinscheiden bei Homer. Nur gut hiess Schirrmacher nicht Francesca und wäre eine Frau gewesen. Sie hätte mit demselben Geist weder diese Karriere noch diese Anerkennung gefunden, sondern wäre als Randnotiz entsorgt worden. SRF war sich anlässlich des Todes von Simone de Beauvoir damals nicht zu blöde, die Frage nach de Beauvoirs Wirken – immerhin eine der grössten Philosophinnen des 20. Jahrhunderts – einzuleiten mit: Wenn ich Simone de Beauvoir höre, denke ich immer an Satre.

 

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Das Denken hat in den Medien ein Geschlecht und wehe, es ist weiblich. Achten Sie mal darauf, wie Frauen, die viel leisten, vom medialen und Mainstream beurteilt werden! Es gibt keine Einzige, die hymnisch gefeiert würde. Meist ist sie zuwenig „eingebettet“, d.h. sie ist zu eigenständig, zu jung, zu schön, zu alt, zu klug, zu berühmt, zu erfolgreich, zu still, zu unattraktiv, zu beredt, kurz: Das Andere wird nur in Männern gefeiert. So zog Jürgen Habermas seinen Strukturwandel der Öffentlichkeit aus dem Denken Hannah Arendts. Lesen wir aber Habermas, hören wir nur Adorno.

Vernetztes Denken wie im Bild oben sieht ganz anders aus, deshalb hier meine Schock-Nachricht an männliche Linear-Denker: Denken hat kein Geschlecht und findet zwischen den Ohren statt.

 

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