Der Turmbau zu Vals
das Bild wurde aufgenommen von Norbert Waser-Casanova
DENKBILDER Regula Stämpfli über die Bilderflut und „ratternde Algorithmen“
Als 1896 am Klondike River Gold gefunden wurde, brach die Hölle los. Innerhalb weniger Wochen zogen zig-tausende Menschen in Richtung Alaska und Kanada, um an dem vermeintlichen Reichtum teilzuhaben. Binnen kürzester Zeit veränderte sich dort alles. Der Takt des Geldes ersetzte den Rhythmus der Natur. Kein Stein blieb auf dem anderen und die Folgen sind bis heute gut sichtbar. Als sich das Goldschürfen nicht mehr lohnte, zogen die Glückssucher einfach weiter und hinterliessen einen Scherbenhaufen.
Die Einwohner von Vals, die auf dem Bild gerade in stoischer Ruhe einer Präsentation des Ando-Park-Projektes beiwohnen, haben vielleicht noch nie vom Klondike gehört. Aber sie ahnen wahrscheinlich, dass die Investoren Remo Stoffel und Pius Truffer sie im Regen stehen lassen könnten. Genau wie im Bild. Sowohl Ando-Park als auch Turm werden wie Raumschiffe einer ausser-valsischen Zivilisation im Tal landen. Dann werden peu à peu die attraktiven Ressourcen (natürliche Landschaft, Bodenständigkeit, Ruhe) ausgeplündert und zerstört. Devot darf sich der Einheimische dann als Fotomotiv zur Verfügung stellen und die niederen Arbeiten rund um den Raumschiff-Turm erledigen. In dessen Inneren hingegen, so der Traum der Investoren, wird sich die Botox-geglättete „Crème du Capitalisme“ ein Champagnergelage nach dem anderen gönnen
Und sollten Geist oder Körper erschlaffen, steht ja nebenan der Wellness-Park zur Verfügung. So kann die „fremde Fötzel-Elite“ locker jede vergangene oder künftige Finanzkrise überstehen. Klar doch: Alles Spekulation – das Projekt und meine Interpretation. Trotzdem die Frage: Was wohl in Vals nach 100 Jahren zurückbleiben wird, wenn die zeitgeistverliebte Tourismuselite einen neuen Stern gefunden hat? Am Klondike holen Touristen heute noch ab und an kleinste Goldklümpchen aus dem Fluss. Im Vergleich dazu klingt bröckelnder Beton auf dem Talboden nicht so attraktiv, aber wer weiss, vielleicht täusche ich mich ja…