27. Dezember 2013

DENKBILDER Regula Stämpfli über die Bilderflut und „ratternde Algorithmen“

                                                                                                    -das Bild wurde aufgenommen von Marco Hartmann

Bäumige Philosophie (richtiges Bild folgt)

Toter Baum am Death Vlei

[one_third]

W

Wissen Sie eigentlich, was Globa- lisierung ganz praktisch bedeutet? Es ist die Freisetzung von Kapital, Waren, Dienstleistungen und Personen. Auf den Alltag übersetzt, heisst das, dass wir locker Geld, Waren, Call Centers und Bauarbeiter über den Globus verstreuen können. Diese Freiheiten lösen alle Bindungen. Geld wird nicht dort versteuert, wo es erwirtschaftet wird, Waren werden nicht dort gekauft, wo sie hergestellt werden, Berufe kaum mehr dort ausgeübt, wo sie

[/one_third]

[one_third]

erlernt wurden und Menschen leben meist weg von ihrem Geburtsort. Im Netz ist die Bindungslosigkeit noch grösser. Real in Malibu sitzend sehen Sie vielleicht den Pazifik, verbringen via Skype Ihre Zeit indessen grösstenteils mit Ihrer Freundin in Pontresina. Diese Ortlosigkeit birgt unendliche Möglichkeiten, aber auch die Gefahr der Wurzellosigkeit. Sie treiben dann wie ein abgestorbener Baum im Wasser bei Reichenau. Sehe ich diesen Baum, sehe ich die Signatur unserer Zeit. Denn die Metapher des „Daheim-Seins“ bedeutet den Menschen seit langer Zeit ein lebendiges Denk- und Lebenshaus.

[/one_third]

[one_third_last]

Zuhause ist das Gewohnte, ist der Ort, von dem man einmal aufbricht, um dann irgendwann wieder zurückzu- kehren, ohne dass man die Frage beantworten muss: „Weshalb grad dorthin?“. Menschen brauchen diese Sicherheit, dass sie irgendwo zuhause sind. Und sei es nur dort, wo sie verstehen können und verstanden werden. Es wäre schade, wenn die Ströme der Globalisierung sinnbildlich den Menschen wie den Baum fällen, so dass Baum und Mensch zwar noch stehen, aber schon längst abgestorben sind.

[/one_third_last]

Schreibe einen Kommentar