DENKBILDER Regula Stämpfli über die Bilderflut und „ratternde Algorithmen“
-das Bild wurde aufgenommen von Marco Hartmann
Westkind
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Ist Ihnen schon aufgefallen, dass viele moderne Einkaufstempel Westkinder sind? In Wien-Westbahnhof liegt eine gigantische Einkaufsmeile, auch das legendäre KaDeWe in Berlin ist das „Kaufhaus des Westens“. In Bern Brünnen gibt es seit einigen Jahren das zauberhafte, von Daniel Liebskind entworfene, „Westside“. Der Konsum gehört also definitiv in den Westen. So ist es nur logisch, dass auch Chur sein Einkaufszentrum in „Chur West“ situiert hat und sich manchmal auch
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den Namen „City West“ gibt. Da wird eine neue Heimat gebaut. Eine Milliarde Franken sollen dafür in den nächsten zehn Jahren ausgegeben werden: Shopping und Living kombiniert. Die Nähe zu Wohnen, Arbeit und Geldausgeben macht Sinn. Schliesslich sollen es Konsumpilger in den herrschenden Zeiten der Bequemlichkeit nicht allzuweit haben, um ihrer Sinnstiftung nachzukommen. So werden viele Fliegen, die der Teufel auch in der Not frisst, auf einen Schlag erledigt. Die Bewohnerinnen verschmutzen die Umwelt nicht mit unnötiger Mobilität, sondern es wird ihnen kurz von der Couchkante alles geboten, was sie brauchen.
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Was früher Marktplätze erfüllten, bedienen nun Shoppingcenter. Nur schade, dass das öffentliche Flanieren immer Geld kostet. Gerade in Einkaufszentren gibt es nur den Tod gratis. Appropos: Daniel Liebskind hat mit dem Berner Westside auch dem Tod ein vorläufiges Schnäppchen geschlagen. Neben Einkauf, Bad und Amüsement steht in Bern Brünnen eines der schönsten Alters- und Pflegeheime des Landes. So kann ich als Verkäuferinnenkind meine pflegebedürftige Mama in gewohnter Umgebung besuchen und weiss, trotz Nasenrümpfen vieler betuchter Freunde: Hier bin ich zuhause.
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