Die gute Policey
das Bild wurde aufgenommen von Michael Gebendorfer
DENKBILDER Regula Stämpfli über die Bilderflut und „ratternde Algorithmen“
„Du merkst, dass Du alt geworden bist, wenn die Polizisten plötzlich jung erscheinen.“ (Zitat Mama) „Oder Sie Dir nicht mehr Tränengas in die Fresse jagen“, ergänzte ich rebellisch, wohlwissend dass dies nicht stimmt. Denn Tränengas kommt, egal wie alt frau sich fühlt. Das Bild zeigt in seiner Schlichtheit die Bedrohung, die von Strafen und Überwachen ausgehen kann. Wussten Sie, dass vom 15. bis ins18. Jahrhundert beim Begriff „Policey“ immer „gut“ vorangestellt wurde? Nicht etwa, weil die Behörden damals so wohltätig gewesen wären, im Gegenteil. Die „gute Policey“ wachte minutiös über Kleiderordnungen, hatte Regeln sowohl in Stadt, Dorf und Reich.
Aus der „guten Policey“ entstand in ganz Europa der uns so bekannte Obrigkeitsstaat, der über Geld und Leute wacht. Deshalb musste auch die vom aufstrebenden Bürgertum zelebrierte Kleiderpracht verboten werden. „Geld und Geist“, kontrolliert durch Uniform, hat also viel von Dogmenphilosophie und ökonomische Vernunft – avant la lettre. Die „Scharia-Polizei“ benimmt sich ganz ähnlich. Die Fusselbartfritzen machen als selbsternannte „Tugendwächter“ jede Frau an, die sich nicht „ehrenhaft“ kleidet. Wer Elif Shafaks „Ehre“ gelesen hat weiss, wohin diese Mentalität führt: Zu Gewalt, Lüge und Mord.
Aber wie gesagt: Die Islamisten von heute gleichen in mancher Hinsicht der „guten Policey“ von damals. Was keine Entschuldigung ist, sondern aufruft zum historisch genauen Hingucken, was denn alles passieren musste, damit die alten Mächte aufhören, ihre Untertanen zu knechten, zu bevormunden und in den Kerker zu stecken. „Gute Policey“ und Scharia-Mörder konstruieren ein psychopathologisches Drama von gestern bis heute. Appropos: Im Netz läuft eine heftige Debatte über den Anti-Rap-Clip von Komiker Jan Böhmermann:„Ich hab Polizei.“ Wie süss, dass die Stadtpolizei Chur von all dem bisher noch verschont bleibt, oder?