DENKBILDER Regula Stämpfli über die Bilderflut und „ratternde Algorithmen“
-das Bild wurde aufgenommen von Yanik Bürkli
Austausch (barkeit)
B
Bilder kennen keine Vergangenheit, deshalb ist alles immer Jetzt. Evelyne Widmer-Schlumpf ist dank Bild Bun- despräsidentin ad infinitum. Und der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck streckt seine Arme in Erwartung baldiger Umarmung bis in alle Ewigkeiten aus. Das unaufhörliche Klicken, welches die Beiden damals begleitet hat, hören wir zwar nicht mehr. Doch die dadurch ausgelöste Bilderflut findet sich hundert- und
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tausendfach auf irgendwelchen Suchmaschienen wieder. Sangen unsere Eltern noch: „The age of Aquarius“ – im Zeichen des Wasser- manns – und glaubten an eine gestaltbare Zukunft, sitzen wir und unsere Kinder in den ständig „ratternden“ Algorithmen von Google, Facebook und Twitter fest. Immerdar erobern uns die Bilder und lassen uns wenig Spielraum, uns jenseits der Bilder zu zeigen und uns selber zu sehen. Allein, wenn wir meinen, viele Bilder bedeuten grosse Wichtigkeit, scheitern wir. Denn oft ist es nur ein Bild, das den Weg vom Auge ins Herz
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schafft. Wie Willy Brandts Kniefall vor dem Warschauer Ghetto oder der gemeinsame Gang von Mitterand und Kohl, Hand in Hand vor der Grabstätte in Verdun. Zurück bei Widmer-Schlumpf und Gauck schleicht sich ein diffuses Gefühl von Austauschbarkeit und Flüchtigkeit ein. Wo bleibt die Möglichkeit zur neuen Erfahrung, zur Einmaligkeit, zur Bedeutung, wenn tausend Bilder – gerade in der Politik – immer wieder gleich inszeniert, es jedesmal verpassen, auch nur noch ein einziges Mal etwas Besonderes auszusagen?
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